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Forschungsschwerpunkte
Forschungslinien
Unsere Forschung im Bereich der neurobiologischen Grundlagen von psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter basiert auf der Überzeugung, dass ein tiefergehendes entwicklungsabhängiges Verständnis kognitiv-affektiver Informationsverarbeitungsprozesse hinsichtlich ihres Einflusses auf die (1) Entstehung und (2) Aufrechterhaltung von Psychopathologie sowie (3) hinsichtlich ihrer Bedeutung für Behandlungserfolg dazu beitragen kann, frühzeitig zu intervenieren und chronischen Verläufen psychischer Erkrankungen entgegenzuwirken.
Die Forschung unserer Arbeitsgruppe lässt sich durch ineinandergreifende translationale Forschungslinien charakterisieren.
- Psychotherapieforschung (Prozess- und Ergebnisforschung)
- Methoden: In unseren poliklinischen Ambulanzen werden kontinuierlich diagnostische Daten (z.B. klinische Fragebögen) erhoben, welche in pseudonymisierter Form (d.h. ohne Rückschluss auf die Identität der Patient*innen) zur Beantwortung klinischer Forschungsfragen herangezogen werden (z.B. Prozessforschung: Wie wirkt Psychotherapie?). Wir sind unter anderem an dem Forschungsverbund KODAP der universitären Aus- und Weiterbildungsinstitute für Psychotherapie (Unith, e.V.) beteiligt.
- Aktuelles: Im Master mit Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie finden Rahmen der Berufsqualifizierenden Tätigkeit III (BQT III) Lehrtherapien in einem 1 (Patient*in, ggf. mit Bezugsperson) : 1 (Lehrtherapeut*in) : 1 (Studierende) Setting statt. Dieses neue Format wird unter unterschiedlichen Gesichtspunkten evaluiert (Ansprechpartnerin: Zina Rensing).
- Mechanismus-basierter Ansatz (experimentelle Psychopathologieforschung)
- Paradigmen: Hier kommen experimentelle Paradigmen des emotional-assoziativen Lernens, sowie emotionale Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsparadigmen zum Einsatz welche ein hohes translationales Potential für die Psychotherapieforschung besitzen.
- Methoden: Neben klinischen, behavioralen und psychometrischen Maßen der experimentellen Psychopathologie kommen komplementäre neurowissenschaftliche Maße zum Einsatz (z.B. Elektro- und Magnetoenzephalographie, fMRT, Peripherphysiologie und Eyetracking). Befunde aus dem experimentalpsychologischen Labor werden – wo möglich – mit Befunden aus Psychotherapieforschung (Prozess- und Ergebnisforschung) in Verbindung gesetzt und so hinsichtlich ihrer klinisch-praktischen Relevanz evaluiert.
- Aktuelles: Unser experimentalpsychologisches Labor wird derzeit neu aufgebaut. Zukünftig soll neben der Erhebung behavioraler Daten, auch die Erhebung elektroenzephalographischer (EEG) Maße, diverser peripherphysiolgischer Maße (z.B. Herzrate, Hautleitfähigkeit, Schreckreflex), sowie Eyetracking (Pupillenweite, Blickbewegungen) möglich sein.
- Klinische und neurobiologische Prädiktionsforschung
- Methoden: Die oben beschriebenen Forschungslinien sollen zunehmend durch eine „junge“ Linie im Bereich der klinischen und neurobiologischen Prädiktionsforschung ergänzt werden. Während der mechanistische Ansatz übergreifende (Dys-)Funktionen auf Gruppenebene untersucht, zielt die prädiktive Analytik darauf ab, individuelle Unterschiede in klinischen, sozialen und neurobiologischen Charakteristiken zur Einzelfallprädiktion (z.B. zur Vorhersage des Behandlungserfolgs auf eine spezifische Intervention) zu nutzen. Diese Linien ergänzen sich synergistisch, indem sie einerseits die Theoriebildung informieren (mechanistischer Ansatz) und andererseits fallbasierte klinische Entscheidungsprozesse und damit personalisierte Psychotherapie fördern könnten.
Untersuchung emotionaler Störungen
Ein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Untersuchung von emotionalen Störungen, v.a. von Angsterkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Da für viele der untersuchten Mechanismen eine transdiagnostische (d.h. störungsübergreifende) Relevanz angenommen wird, sollen in zukünftigen Forschungsprojekten auch andere Störungsbilder des Kindes- und Jugendalters, welche in unseren poliklinischen Ambulanzen behandelt werden, vermehrt in Forschungsprojekte eingebunden werden.
Beispiel: Angsterkrankungen
Angsterkrankungen entstehen häufig bereits in der Kindheit oder Adoleszenz. Sie zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, unter denen etwa jede sechste Person in Deutschland leidet. Bei der Behandlung ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Expositionselementen im Kindes- und Jugendalter wie im Erwachsenenalter die „Therapie erster Wahl“. Dennoch profitieren nicht alle Patient*innen gleich gut. Im Erwachsenenbereich respondieren etwa 50% der Patient*innen nicht in einem klinisch relevanten Maß oder erleiden Rückfälle. Für den Kindes- und Jugendbereich finden sich ähnliche Zahlen. Ein wichtiger Grund für das Nicht-Ansprechen auf Expositionsbehandlungen und eine zunehmende Chronifizierung scheinen verzerrte Basisprozesse der emotionalen Informationsverarbeitung (z.B. mangelnde Furchtinhibition und -regulation, dysfunktionale assoziative Lernprozesse, Furchtgeneralisierung, Aufmerksamkeitsverzerrungen) zu sein, welche therapeutisch angestrebte Lernerfahrungen konterkarieren und ein Fortbestehen dysfunktionaler Bewältigungsversuche (z.B. Vermeidung) begünstigen könnten. Solche Prozesse bedingen vermutlich die Ätiologie von Psychopathologien sowie das Ansprechen auf KVT im Kindes- und Jugendalter in besonderem Maße, da sie u.a. durch sich spät entwickelnde Hirnstrukturen mit regulativen „Top-Down“-Funktionen (z.B. präfrontaler Kortex) gesteuert werden und somit starken entwicklungspsychologischen Veränderungen unterliegen. Ziel unserer Forschung ist es die neurobiologischen Zusammenhänge zwischen emotionalen Informationsverarbeitungsprozessen, spezifischen Psychopathologien und dem Erfolg psychotherapeutischer Interventionen in dieser Altersgruppe besser zu verstehen.