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Forschungsschwerpunkte
Unsere Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich "Gehirn, Hormone und Verhalten".
Ein wichtiges Anliegen unserer humanexperimentellen Studien ist die interdisziplinäre Forschung in Kooperation mit Fächern der Biologie, der Medizin (Endokrinologie, Anästhesiologie, Gynäkologie) und den Neurowissenschaften. Die vorrangig untersuchten Hormone sind Stresshormone, Sexualhormone und Insulin. Die benutzten Paradigmen sind klassische Konditionierung, Stressparadigmen sowie Anordnungen zur Erfassung der Geruchs- und Geschmackswahrnehmung.
Klassische (Pavlovsche) Konditionierung
Furchtkonditionierung: Effekte von Stress und Stressreaktionsmediatoren auf Furchtakquisition und -extinktion
Klassische Konditionierung von Furcht ist ein wichtiges Modell für den Erwerb (Akquisition), die Löschung (Extinktion) und den Extinktionsabruf von Angststörungen sowie von stressor- und traumabezogenen Störungen (z. B. der posttraumatischen Belastungsstörung [PTBS]). Da sich diese Störungen häufig in stressauslösenden Situationen entwickeln, untersuchen wir die Effekte von Stress auf Erwerb, Extinktion und den Extinktionsabruf der klassisch konditionierten Furchtreaktion. Um der differentiellen Funktion der unterschiedlichen Komponenten der Stressreaktion (Stressreaktionsmediatoren) nachzugehen, wählen wir Stressoren, die entweder insbesondere das noradrenerge System und damit die sog. "first wave" einer Stressreaktion anregen (cold pressor test) oder psychosoziale Stressoren, die starke Effekte auf die Freisetzung von Cortisol (als Bestandteil der sog. "second wave" der Stressreaktion) haben. Es sollen auch Bedingungen für das Verlernen der o. g. Störungen abgeleitet werden, indem wir Stresseffekte auf Extinktion und Extinktionsabruf untersuchen.
Furchtkonditionierung und Bedeutung von Sexualhormonen (Östradiol, Progesteron, Zyklusstand) und präfrontale Oszillationen.
Da Angststörungen sowie stressor- und traumabezogene Störungen (wie die PTBS) eine höhere Prävalenz bei Frauen als bei Männern haben, werden die o. g. Konditionierungsprozesse während unterschiedlicher Zyklusphasen natürlich-zyklierender Frauen sowie bei Frauen mit Kontrazeptivaeinnahme und auch bei Männern untersucht; der endokrine Status (17-ß Östradiol, Progesteron) wird erfasst. Eine wichtige Frage gilt der Interaktion zwischen Stress(hormonen) und Sexualhormonen.
Aktuell untersuchen wir auch präfrontale Oszillationen (Theta- und Gamma-Oszillationen) im EEG, ihre Quelllokalisation und Bedeutung für Furchtabruf und Extinktionsabruf.
Konditionierung endokriner und immunologischer Parameter bei Gabe von Pharmaka - Placeboreaktionen
Die klassische Konditionierung bzw. die zugrundeliegenden assoziativen Prozesse sind auch ein sehr geeignetes Modell zur Erzeugung und somit auch Erklärung von Placeboreaktionen.
Wir untersuchen (a) die klassische Konditionierung und Konditionierbarkeit bei der Gabe von Insulin (auch intranasal) und Glukose bei gesunden Probanden und erfassen die Effekte auf den Blutzucker, auf die endogene Insulinausschüttung, Hormone der Glukoregulation (Noradrenalin, Adrenalin, Cortsiol, Leptin) und auf Symptome der Hypo- und Hypedrglykämie. (b) Bei Chemotherapiepatienten haben wir geprüft, ob es zu Verändeungen ausgewählter Immunparameter (Aktivität natürlicher Killerzellen; pro- und antiinflammtorische Zytokine) kommt, wenn ein Kontextwechsel (von der häuslichen Umgebung in die Klinikumgebung) stattfindet und die Patienten in der Klinik wieder den chemotherapie-assoziierten, konditionierten Reizen ausgesetzt ist.
Konditionierung von Übelkeit (unter Chemotherapie und Rotation)
Ein robustes Phänomen der klassischen Konditionierung ist das Geschmacksaversionslernen, das den Organismus mit der Fähigkeit ausstattet, übelkeitsassoziierte Reize zu vermeiden.
(a) Chemotherapie: Das Paradigma lässt sich auch auf die Gabe übelkeitsauslösender Pharmaka (etwa im Rahmen der Chemotherapie oder der Strahelntherapie der Patienten) anwenden: Etwa 30% der chemotherapeutisch behandelten Krebspatienten entwickeln Übelkeit und ggf. auch Erbrechen noch vor Beginn einer erneuten Chemotherapie, wenn sie chemotherapie-assoziierten Reizen wieder ausgesetzt sind. Die antizipatorischen Symptome lassen sich durch klassische Konditionierung erklären; es liegen zudem empirische Belege vor, dass sich die antizipatorischen Symptome durch Techniken der klassischen Konditionierung (hier: Überschattung) verhindern bzw. therapieren lassen.
(b) Rotation: Um Bedingungen der Entstehung und Therapie konditionierter Übelkeit zu untersuchen, haben wir ein Übelkeitsmodell bei Gesunden eingesetzt: Rotation in einem Drehstuhl. Dabei haben wir die präventiven Effekte der Konditionierungstechniken Überschattung und latente Hemmung geprüft (gefördert vom Wellcome-Trust).
Funktion und Effekte von Insulin im zentralen Nervensystem (ZNS)
Insulin im ZNS
Insulinrezeptoren sind im zentralen Nervensystem (ZNS) im Hypothalamus, im Hippocampus, in mesolimbischen Arealen und im cerebralen Cortex und mit höchster Dichte im Riechkolben lokalisiert. In DFG-geförderten Projekten (STO 323/1-1 und STO 323/1-2) wurden die Effekte von (intranasal verabreichtem) und somit zentral wirksamem Insulin auf Essverhalten und Körpergewicht, Geruchsleistung, Gedächtnis und Stoffwechselprozesse sowie auf die klassische Konditionierung von Insulineffekten untersucht. Zukünftige Forschungsfelder sind mögliche Defizite der ZNS-Wirkung von Insulin bei Übergewicht und Alzheimer-Demenz und die Bedeutung zentralen Insulins bei Funktionen, die über das mesolimbische System (z. B. Belohnungswert von Nahrung) vermittelt werden.
Geruchs- und Geschmackswahrnehmung unter metabolischer Kontrolle
Insulinrezeptoren im ZNS befinden sich mit höchster Dichte im Riechkolben (Bulbus olfactorius); sie sind zudem in der Riechschleimhaut lokalisiert. Dies legt nahe, dass Insulin auch in die Geruchswahrnehmung eingebunden ist und dass die Geruchswahrnehmung sensitiv für den Nahrungsstatus und den Stoffwechselzustand ist. Wir untersuchen deshalb Effekte unterschiedlicher Sättigungszustände auf die Geruchswahrnehmung und ihre Assoziation mit dem Blutzuckerspiegel. Zudem werden die Effekte auf die Geschmackswahrnehmung erfasst.
Funktion und Effekte von Östrogen und Progesteron im ZNS
Wir untersuchen die Reproduktion deklarativer Gedächtnisinhalte unterschiedlichen emotionalen Gehalts (emotional negativ vs. neutral) in unterschiedlichen Zyklusphasen frei-zyklierender Frauen und von Frauen, die Kontrazeptiva einnehmen. Wir gehen damit auch der Bedeutung von Sexualhormonen für kognitive Prozesse und für die Verarbeitung emotionaler Inhalte nach.
Stress in simulierten Notfallsituationen (Stressreaktionsprofile und -determinaten)
In dem abgeschlossenen DFG-Projekt (STO/323/2-1) wurden Notfallszenarien in der Anästhesiologie mit sog. Full-Scale Simulatoren realitätsgerecht erzeugt. Es wurde u. a. geprüft, ob die im Simulator induzierten psychischen und endokrinen Stressreaktionen denjenigen etablierter Laborstressoren entsprechen oder sogar überschreiten und welche Vorhersage sie auf die medizinische Leistung erlauben. Weiterhin wurde geprüft, welchen Effekt die Vorerfahrung unkontrollierbarer (statt kontrollierbarer) Notfallsituation auf die medizinische Leistung und Stressreaktionen in nachfolgenden Notfallsituationen hat.